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Mein Weg ins Traumasensible Yoga

13. April 2018 von Nicole Siri Adi Kaur

Mein liebstes und wichtigstes Thema im Yoga ist schon seit langer Zeit das Traumasensible Yoga. Immer sensibler und feinsinniger in der Praxis des Kundalini Yoga zu werden und ein sehr klares Verständnis zu entwickeln, wie Yoga in uns wirkt - das ist für mich traumasensible Arbeit. Den Bewusstseinskick zu forcieren oder sich durch Übungen zu drillen - das ist es nicht. Vielleicht ist es für Dich spannend, meinen Weg ins Traumasensible Yoga zu erfahren und die Intention dieser Arbeit aus meinem Blickwinkel zu verstehen. Dazu hier meine Geschichte.

Siri Adi Kaur – Mein Weg ins Traumasensible Yoga
Zu Beginn werde ich dir einmal meine Geschichte mit dem Kundalini Yogaer zählen. Dann weißt du, wo ich herkomme und kannst meine Haltung besser nachvollziehen.

Kundalini Yoga habe ich vor 22 Jahren entdeckt nachdem ich vorher schon eine Weile Hatha Yoga praktiziert habe. Und wie viele aus dem Hatha Yoga war ich irritiert ob der Intensität der Übungen, ihrer etwas ungenauen Anleitung und der unglaublichen Länge jeder einzelnen
Übung. Andererseits war ich fasziniert über die tiefen Glücksgefühle, die sich in meiner Praxis einstellten und war beglückt von den Mantren. Das war mein Feld, ich spürte unendliche Seligkeit und Verbundenheit mit mir.

So blieb es lange Zeit, in Licht und Schattenseiten, auch während meiner Ausbildung und danach.

Bald bemerkte ich, dass ich mich am Ende meiner Yogakurse oft sehr geöffnet und durchlässig fühlte. Immer mal wieder kamen intensive Gefühle oder ich erlebte mich als unglaublich verletzlich, manchmal auch als emotional nicht so stabil, so dass ich z.B. plötzlich anfing mit meinem Mann zu streiten J. Insgesamt blieb diese etwas unangenehme Durchlässigkeit deutlich vorhanden.

Ich fragte viele Lehrer dazu und die meisten empfahlen mir meine Praxis zu intensivieren. Ich konnte viele Übungen nicht öfter machen, da diese Durchlässigkeit stärker zu werden schien und ich arbeitete mich durch verschiedene Kriyas und Meditationen etc. Vielleicht war ich nur zu faul und nicht entschieden genug...

Nach einer längeren Suche war das Erkennen meiner eigenen Traumatisierung ein erster neuer Schritt auf diesem Weg. Eine fast vergessene Geburtserfahrung bei der ich beinahe gestorben wäre und ein folgender, längerer Krankenhausaufenthalt rückten dieses Thema in meinen Fokus.

In der Auseinandersetzung mit diesem Thema verstand ich meine hohe Sensibilität und Durchlässigkeit, verstand wie ich Regulation und „mich in meinem Körper spüren” (nachdem ich ihn schon fast verlassen hatte) mehr brauchte als Entgrenzung, verstand was Dissoziation (= etwas aus dem Alltagsbewusstsein abspalten) wirklich heißt und wie es im Yoga unabsichtlich forciert wird.

Ich verstand mich und entwickelte eine differenzierte Yogapraxis, welche Grenzen zu spüren wichtiger nimmt als Entgrenzung und zudem Selbstkontakt und Interozeption (Wahrnehmung von innen) als Basis aller Übungen versteht. Ich praktiziere Yoga nicht indem ich mich vom Körper löse (dissoziiert) um die 4 Minuten Streckposition zu halten, sondern bleibe in diesen Momenten zutiefst in mir und mich selbst wahrnehmend (assoziiert).

Und ich verstand und verstehe, dass es sinnvoll ist im Yogaunterricht diesen Aspekt zu betonen und zu vermitteln und unser Kundalini Yoga damit zu bereichern. Besonders in dieser Zeit, in der wir Menschen feinfühlig ins Wassermannzeitalter hineinwachsen und unsere Grenzen durch Informationsoverload immer loser werden. Da braucht unser Nervensystem zuerst Regulation und dann vielleicht Grenzerweiterung.

Mich selbst stabil und orientiert in mir zu fühlen, ist mir ein kostbarer Wert geworden, sinnstiftender als jede Erleuchtungserfahrung bzw. eine wesentliche Voraussetzung dafür.

Ich hoffe, ich habe dich neugierig gemacht – und auch ein bisschen nachdenklich.
Amerikanische Studien sagen, dass jeder vierte Amerikaner traumatische Erfahrungen erlebt hat. Sicher nicht nur in dem Sinne von Schocktrauma, wie ich es erlebt habe, sondern auch im Sinne von Entwicklungstrauma, dem zu wenig Bindungssicherheit und Resonanz zugrunde liegt. Aber du kannst dir sicher sein das es auch in deinen Kursen Menschen mit Traumaerfahrungen gibt. Auch auf meiner Nase steht ja nicht: Ja ich habe Traumaerfahrungen gemacht...

Schreibe mir doch gerne deine Erfahrungen und auch deine Fragen oder Zweifel zu meinem Ansatz. Ich freue mich über Kommentare, Ergänzungen und Nachfragen.

Grüße von Herzen
Siri Adi Kaur

nicole@nicolewitthoefft.com | www.nicolewitthoefft.com

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